Zwänge


Ehekrise durch Zwänge

Erklärt von Dipl. Psychologin und Psychologischer Psychotherapeutin Micaela Peter, Paartherapie, Hamburg

Zwangsstörungen können sich in Zwangsgedanken und/oder in Zwangshandlungen äußern. Die meisten der Betroffenen weisen beide Zwangsformen auf. Zwangsgedanken sind Denkinhalte, welche als unsinnig empfunden werden, sich aber immer wieder aufdrängen. Zu unterscheiden sind Zwangsideen oder Vorstellungen von Zweifel- oder Grübelzwängen. Die häufigsten Zwangsinhalte beziehen sich auf Schmutz und Verseuchung, aggressive Handlungen, aber auch Ordentlichkeit, Religion sowie Gedanken über Sexualität. Zwangshandlungen hingegen sind stereotype Verhaltensweisen, die stets wiederholt werden. Oft gehen angstbesetzte Gedanken diesen Handlungen voraus, z. B., dass etwas Schlimmes passieren könne, wenn das Ritual nicht ausgeführt wird. Hierzu gehören häufig Wasch-, Kontroll- und Ordnungszwänge sowie verbale Zwänge. Die Betroffenen empfinden nach der Ausführung der Handlung in der Regel Erleichterung, hierdurch werden die Rituale aufrechterhalten. Die Personen sind sich meist über die Unsinnigkeit ihrer Handlungen bewusst, schaffen es aber nicht, dem Impuls Widerstand zu leisten. Der Beginn liegt häufig im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter. Die Problematik beginnt schleichend und wird mit der Zeit chronisch. Etwa 2% der Bevölkerung sind betroffen, davon im Durchschnitt mehr Männer als Frauen.

Zwänge, Partnerschaft und die Familie

Zu Belastungen in der Partnerschaft oder in der Familie kommt es vor allem dann, wenn der Zwangserkrankte seine Ansprüche, beispielsweise an Ordnung oder Sauberkeit auf den Partner oder gar die ganze Familie zu übertragen beginnt. Aufgrund des inneren starken Drucks, den die Betroffenen erleben, wenn sie dem Zwang nicht folgen, ist der Versuch, andere Bezugspersonen zu einem entsprechenden Verhalten zu bewegen, entsprechend groß. Hierdurch entsteht ein großes Konfliktpotential, mit dem die betroffenen Paare ohne professionelle Hilfe oft überfordert sind. Zumeist besteht auch Unsicherheit beim Partner darüber, inwieweit er dem Partner helfen soll, indem er sozusagen „mitzieht“ bzw. ab wann er sich abgrenzen soll oder darf. Die Zwangs-Betroffenen erleben die Abgrenzungen des Partners oftmals als Verrat, sie fühlen sich unverstanden und im Stich gelassen. Je weniger die Zwangs-Betroffenen ihre Erkrankung reflektieren, umso mehr verharren sie in der Annahme, ihr Verhalten sei normal und zumutbar. Insbesondere bei Reinheitszwängen entsteht oft die Haltung, der Reinlichere, in diesem Fall der Zwangsgestörte, sei im Recht.

Je fließender die Grenzen zwischen zwanghaften Tendenzen und einer Zwangserkrankung sind, desto größer ist in der Regel das Konfliktpotenzial, da dann noch darüber gestritten werden kann, was “normal“ und was “nicht normal“ ist.